Noch ein Jahr – dann ist es schon soweit: Ein großer und wichtiger Schritt steht Kind und Eltern bevor, denn dann beginnt die Schulzeit! Mit dem ersten Kind ist der Schulstart auch für Eltern neu und aufregend. Viele Eltern machen sich im letzten Kindergartenjahr so manche Gedanken und auch Sorgen, sie überlegen, wie sie ihr Kind sinnvoll auf die Schule vorbereiten können.
Zwischen dem fünften und sechsten Lebensjahr vollzieht sich noch einmal ein ganz großer und wichtiger Entwicklungsschritt. Am Anfang ist es unvorstellbar, dass das Kind in einem Jahr die Schule besuchen soll, aber mit der Zeit beobachten Eltern, dass sich ihr Kind verändert und entwickelt.
Die vielen neuen neuronalen Verbindungen machen es möglich, dass das Kind langsam ein vorausschauendes Denken entwickelt. Es kann logisch denken, es weiß um Zukunft und Vergangenheit, es bekommt eine innere Stimme und damit ein Gewissen, das ihm mitteilt, was gut ist und was schlecht.
Das Kind konnte bereits sechs Jahre lang Erfahrungen sammeln und ist jetzt mit der Schulreife fähig, neues theoretisches Wissen mit seinen Erfahrungen abzugleichen, zu verknüpfen und zu speichern.
Jedes Kind hat sein eigenes Entwicklungstempo und das gilt auch bei der Schulreife.
Holen Sie Ihr Kind immer da ab, wo es steht. Interessiert sich das Kind für Zahlen und Buchstaben, dann können Eltern diese Neugierde befriedigen. Zeigt das Kind noch überhaupt kein Interesse, sollte ein Einüben vor dem Schulstart, mit Zwang oder Druck, nicht ausgeübt werden, da sich dies negativ auf zukünftiges Lernen auswirken kann.
Es lohnt sich, wenn Eltern einmal überlegen, mit welchen Worten sie von „Schule“ sprechen. Erklären Sie Schule mit Anstrengung, Leistungsdruck, langem Stillsitzen-Müssen, mit dem Beginn des Ernsts des Lebens? Diese Erklärungen können Kindern Angst machen, sie verunsichern und einen schlechten Start einleiten.
Schule ist einfach zu abstrakt. Erst wenn das Kind selbst erfährt, was Schule bedeutet, ist dies auch für ihn oder sie vorstellbar. Erklärungen können Wünsche und Bedürfnisse wecken, die dann im gelebten Schulalltag nicht erfüllt werden und somit sind erste Enttäuschungen vorprogrammiert.
Kinder sind im letzten Kindergartenjahr stolz darauf, endlich zu den Großen zu gehören. Als Große bekommen sie besondere Aufmerksamkeit, dürfen Verantwortung übernehmen und haben besondere Aufgaben zu erfüllen.
An diesem Stolz und der Freude auf das Neue, das da heißt „Schule“, sollten Eltern anknüpfen.
Geben Sie Ihrem Kind verantwortungsvolle Aufgaben. Steigern Sie das Selbstbewusstsein und die Selbständigkeit Ihres Kindes. Kinder, die selbstbewusst in die Schule gehen, haben es leichter. Sie trauen sich etwas zu und wissen, wo ihre Grenzen sind.
Vielleicht kann Ihr Kind allein den Einkauf beim Bäcker tätigen oder allein zur Freundin gehen. Vertrauen Sie Ihrem Kind und üben Sie sich im Loslassen. Überlegen Sie in der Familie, welche Aufgaben das Kind selbstständig erledigen kann und fördern Sie den Stolz ihres Kindes.
Kinder benötigen in dieser Zeit Eltern, die entspannt loslassen können. Vertrauen in das Kind sollte nicht durch Kontrolle ersetzt werden. Fehler und Misserfolge dürfen sein, um eigene Erfahrungen zu machen, aus denen das Kind gestärkt hervorgeht.
Freuen Sie sich mit Ihrem Kind. Lesen Sie ihm Bücher zum Thema Schule vor und fragen Sie Ihr Kind, wie es sich den Alltag vorstellt. Ergänzen Sie die Ausführungen mit dem Satz: „Auch ich bin gespannt, was du berichten wirst, wenn du aus der Schule kommst.“
Antworten Sie auf seine Fragen und erzählen Sie nicht so viel von ihrer eigenen Schulzeit. Diese ist einige Jahre her und seitdem hat sich einiges verändert. Ihre Erfahrungen sind nicht die Erfahrungen, die Ihr Kind machen wird: Es wird eigene machen und seinen Weg gehen.
Zur Selbständigkeit gehören auch die praktischen Kenntnisse, wie z.B. sich allein anziehen und die Schuhe binden können. Verantwortung für seine Sachen übernehmen können und an die Kindergartentasche zu denken, will auch gelernt sein.
Fördern Sie die Ausdrucksfähigkeit und die Kreativität Ihres Kindes, indem Sie sich gegenseitig Phantasiegeschichten erzählen. Das Spiel mit der Sprache und somit die Sprachförderung sind von großer Wichtigkeit für die Schulreife.
Bewegung ist Lernen. Motorische Fähigkeiten und Geschick sind die besten Voraussetzungen für einen gelungen Schulstart.
Das Kind muss sich und seinen Körper kennen, ihn einschätzen können und sich spüren, um seine Grenzen wahrzunehmen. Das Spielen im Freien und die Freude am Sport fördern das Bewusstsein für den eigenen Körper.
Zur Motorik gehört auch die Feinmotorik. Viele Kinder, das weiß ich aus meiner Praxiserfahrung, zeigen Defizite in der Stifthaltung. Leider wird nur allzu oft diese Fehlhaltung über die Handmotorik korrigiert. Die Hand ist das Ende des Arms, und beim Testen der Kinder in meiner Praxis stelle ich immer wieder fest, dass die Schulter nicht richtig aufgerichtet ist. Eine Korrektur der Schulteraufrichtung zieht automatisch eine Verbesserung der Handmotorik nach sich.
Tipp: Üben Sie mit Ihrem Kind das Schubkarrenspiel. Das Kind geht in den Vierfüßlerstand, Sie halten die Beine des Kindes fest und lassen Ihr Kind auf den Händen, deren Fingerspitzen nach vorne zeigen, eine Strecke laufen. Steigern Sie die Laufstrecke, und mit der Zeit werden Sie die Fortschritte Ihres Kindes beobachten können. Diese Übung stärkt nicht nur die Hand- und Schulteraufrichtung, sondern gibt dem gesamten Körper Kraft und Ausdauer. Mit dieser Übung erleichtern Sie Ihrem Kind einen guten Schulstart, da Ihr Kind bald einen Schulranzen tragen und aufrecht viele Stunden am Tag sitzen sollte.
Die Freude an Zahlen und Mengen können Sie spielerisch in den Alltag einbauen. Kochen und backen Sie mit Ihrem Kind und wecken Sie das Interesse für Gewichte und Größen. Das Zählen lässt sich vielfältig in das Familienleben einbauen, seien Sie kreativ.
Gerade die Konzentration und die Aufmerksamkeit sind die wichtigsten Voraussetzungen, um erfolgreich am Unterricht teilzunehmen. Im letzten Jahr vor der Einschulung können bei einer sich einstellenden Unlust des Kindes, Regeln geschaffen werden, um ein Spiel doch noch zu beenden. Bleiben Sie dran! Und sollte Ihr Kind immer gleich aufgeben wollen, verhandeln Sie und ermöglichen Sie Erfolgserlebnisse.
Helfen Sie Ihrem Kind seinen eigenen Weg zu gehen und vor allem begleiten Sie Ihr Kind mit Freude in die kommende, spannende Zeit. Bleiben Sie entspannt und zeigen Sie Ihrem Kind auf diese Weise, dass Veränderungen zu unserem Leben mit dazugehören und wir diesen offen entgegentreten können.