Erziehung zur Angst?

Erziehung zur Angst?

99,9% der Ängste sind anerzogen.

Wow, dieser Satz haut einen echt um.

Welche Angst ist dieser 1%?

Es ist die bedrohende, lebensgefährliche Angst, die mich überfällt, wenn ich auf die Straße trete und ein Wagen in hoher Geschwindigkeit auf mich zurast.

Es ist die Angst, wenn ein wildes Tier hinter mir herläuft.

Es ist die Angst, wenn ein anderer Mensch mein Leben bedroht.

Bei einer akuten lebensbedrohlichen Angst verändern sich sofort die Atmung und der Herzschlag, das Nervensystem ist auf Hochspannung, ebenso die Muskeln, die Augen sind auf Weite, Flucht oder Angriff eingestellt, der Stoffwechsel fährt hoch, Adrenalin wird ausgeschüttet.

Was ist jetzt mit allen anderen Ängsten, die sollen anerzogen sein?

Wie gehen viele Eltern mit Ängsten um?

Im Laufe der Kindheit entwickeln sich verschiedene Formen der Angst. Das Kind benennt auf einmal z.B., dass es Angst im Dunkeln hat, vor Geistern und Gespenstern oder vor dem Alleinsein.

Wir reagieren die meisten Eltern?

„Du brauchst doch keine Angst zu haben, wir sind doch im Wohnzimmer, leg dich wieder hin und schlafe.“

„Du brauchst doch keine Angst zu haben, siehst du nicht, dass durch den Rollladenschlitz noch Licht einfällt?“

Die Eltern gehen zum Kind und erklären ihm über den Verstand, warum diese Angst unbegründet ist.

Das Kind lernt dadurch, wenn ich das Wort Angst sage reagieren meine Eltern prompt und kommen zu mir. Das Kind lernt aber auch, wenn ich Angst habe, werden meine Gefühle von meinen Eltern nicht beantwortet.

Angst ist ein Gefühl. Es ist ein sehr mächtiges Gefühl und zeigt sich ganzkörperlich. Angst kann man nicht kleinreden, Gefühle sind da und jedes Gefühl hat seine Berechtigung und jedem Gefühl steht zu, dass wir es nicht bewerten, sondern annehmen.

Vielleicht ist die Angst des Kindes im Dunkeln gar keine Angst im eigentlichen Sinn. Vielleicht ist es ein Gefühl des Unwohlseins, ein Gefühl, ich brauche meine Eltern noch einmal zum Kuscheln und Drücken, ein Ruf des Kindes, bitte schaut noch einmal nach mir.

Wie können Eltern besser reagieren?

Gehen Sie zu Ihrem Kind und helfen Sie ihm, das Gefühl zu beschreiben, wahrzunehmen und dann aus dem Gefühl herauszugehen.

„Du hast gerufen, du fühlst dich nicht wohl? Soll ich dich noch einmal ganz fest drücken und streicheln? Wir machen dieses kleine Licht hier an, dann fühlst du dich sicherer.“

Ein Kind, das nachts ruft und Angst hat, braucht Sicherheit und Geborgenheit und diese wird durch Berührung erfahrbar.

Sicherheit und Geborgenheit vermitteln seine Eltern durch Zärtlichkeiten wie Streicheln, in den Arm nehmen, noch einmal ein Lied singen oder eine Gute Nacht Geschichte vorlesen.

Sie wissen selbst, welche Rituale Ihrem Kind Sicherheit geben.

Reden Sie die Angst nicht weg, sondern bedienen Sie das Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit.

Je kleiner das Kind ist, umso mehr benötigt es die Hilfe der Eltern, um Lösungen aus der Angst zu finden.

Siehe auch den Bericht über Albträume auf dem Blog unter der Rubrik Kleinkinder.

 

Erlernte Ängste sind z.B. Angst vor dem Hund oder vor der Spinne.

Viele Situationen im Leben des Kindes geschehen zum ersten Mal. Das Kind braucht die Bezugsperson als Spiegel, um zu lernen, wie es mit dieser neuen Situation umgehen soll.

Erlebt das Kind, dass ein Hund kläffend auf es zurennt und der Erwachsene mit Panik und Angst reagiert, kopiert das Kind dieses Verhalten. Das erlernte Verhalten kann auch von Freunden oder anderen Bezugspersonen vermittelt worden sein.

Natürlich weiß ich, dass man seine eigenen Ängste nicht immer unter Kontrolle haben kann. Allerdings haben wir als Eltern eine Vorbildfunktion. Vielleicht nehmen Sie die Ängste Ihres Kindes zum Anlass einmal zu überlegen, welche Werkzeuge Sie selbst gelernt haben, mit Ihren Ängsten umzugehen. Geben diese Ihnen Sicherheit? Möchten Sie diese weitergeben? Vielleicht finden ja auch Sie einen besseren Umgang mit Ihren Ängsten und entwickeln andere Strategien. Folgende Tipps können Ihnen dabei helfen:

Bleibt ein Kind oder ein Mensch in seiner Angst, wird dieses Verhalten immer stärker.

Angst braucht im Anschluss ein Handeln aus der Angst heraus, damit das Kind spürt, dieses Gefühl geht vorüber und ich kann es beeinflussen.

Hier ein paar Tipps, für Wege aus der Angst.

  1. Tief Ein- und Ausatmen, über den Atem können wir unser Nervensystem steuern und wieder in die Entspannung kommen
  2. Beobachten des Gefühls und darüber sprechen
  3. Sich schütteln entspannt den Körper
  4. Schreien und toben befreit
  5. Sich einen sicheren Ort schaffen. Gerade Kinder haben die Gabe, sich gedanklich an einen sicheren Ort zu beamen und diesen Ort kann man mit dem Kind im Gespräch erschaffen.
  6. Ein Kind bzw. jeder Mensch kann sich für eine schwierige Aufgabe, vor der er Angst hat, schützende Begleiter an seiner Seite wählen
  7. Nähe, Berührung, Streicheln
  8. Kleine Handlungsschritte aus der Angst heraus üben.