Sprüche gibt es viele. Solche Sprüche sollen eigentlich trösten, sind nett gemeint von denen, die sie aussprechen. Sprüche sind und bleiben aber Sprüche und sind nicht an meinem Gegenüber orientiert, spiegeln nicht die Gefühle der Betroffenen und können somit leider auch keinen Trost geben. Durch Sprüche fühlt sich mein Gegenüber nicht ernst genommen, nicht gesehen und das ist gefährlich, da dies automatisch ein Rückzug bedeutet.
In der Schwangerschaft stellen wir uns vieles vor. Wir wünschen uns alle eine tolle Geburt, die nach unseren Vorstellungen verläuft, und wissen zugleich, dass wir in eine Ausnahmesituation kommen werden.
Bei der ersten Geburt ist es noch nicht vorstellbar, wie sich die Schmerzen der Wehen anfühlen, zu welcher Leistung ein Körper fähig ist und wie lange er diesen Ausnahmezustand aushalten kann.
Bei der zweiten Geburt können wir uns schon besser darauf einstellen, aber der Wunsch und die Hoffnung, dass bei dieser Geburt alles besser verläuft bleibt natürlich.
Irgendwann kommt dann in einigen Fällen der Moment, in dem die Gebärende nur noch fremdbestimmt ist, nichts mehr entscheiden kann, alle Wünsche und Hoffnungen abstürzen und das Überleben von Mutter und Säugling im Vordergrund stehen.
Das eigene Überleben sichern und die Angst, um das Leben des Säuglings, bestimmen alles und wir sind traumatisiert.
Die Verarbeitung solcher Geburten braucht Zeit.
- Zeit, um Bindung zum Kind aufzubauen,
- Zeit, um mit den eigenen Vorhaltungen zurechtzukommen,
- Zeit, um mit Anschuldigungen an Andere Frieden zu schließen,
- Zeit, die große Enttäuschung zu verarbeiten,
- Zeit für die Trauer, die in einem steckt.
Das ist ganz schön viel! Ein langer Weg steht vor der Mutter und wie lang dieser sein wird, kann nur sie allein bestimmen.
Mutter und Säugling brauchen jetzt liebe Menschen im Umfeld, die dies wahrnehmen, die diese Gefühle spüren und mittragen. Es geht nicht darum, etwas schön zu reden, es geht nicht darum, den Schmerz oder die Trauer zu nehmen, es geht allein darum, die Mutter liebevoll zu begleiten. Es geht um Mitgefühl und nicht um Mitleid.
Begleiten Sie Menschen nach einer traumatischen Geburt mit einfühlenden Worten. Hören Sie zu und hin, was die Person Ihnen mitteilt. Spiegeln Sie die Gefühle der Traumatisierten und zeigen Sie Mitgefühl.
Wie kann das aussehen? Hier ein paar Beispiele:
„Das hört sich ganz schön anstrengend an und ich verstehe, dass du in so eine tiefe Trauer gestürzt bist. Kann ich dir helfen? Wie kann jetzt meine Hilfe für dich aussehen? Kann ich dich unterstützen, dir etwas abnehmen?“
„All deine Hoffnungen und Wünsche konnten nicht erfüllt werden. Das ist ganz schön schwer auszuhalten. Ich kann nur bei dir sein, dir zuhören und dich begleiten. Ich bin gerne für dich da. Hast du schon über eine Traumatherapeutin nachgedacht, die dich in dieser Situation unterstützen kann? Oder kann deine Hebamme dir helfen?“
Mütter dürfen sich nach traumatischen Geburten Hilfe von Therapeuten holen. Je eher diese Hilfe in Anspruch genommen werden kann, umso schneller kann die Bindung zum Baby aufgebaut werden.
Fällt der Mutter in dieser Zeit die Bindung zum Baby schwer, können der Vater oder andere liebe Angehörige die Bindung zum Säugling aufbauen und ihm dadurch Sicherheit geben.
Traumatische Geburten sollten kein Tabu-Thema sein und dürfen in der Öffentlichkeit benannt werden. Aus diesem Grund wünsche ich allen Müttern, dass sie auf Menschen treffen, die zuhören können und nicht mit allgemeinen Sprüchen ihre Unsicherheit überspielen.
Alles Gute!