„Eine wunderbare Zeit, mein Baby lächelt mich an, alles ist harmonisch und ich kann mir nicht im Geringsten vorstellen, dass mein Kind jemals unsozial wird, andere Kinder kratzt, haut oder ihnen an den Haaren zieht.“
Eltern, die mit Ihrem Baby in eine PEKiP- oder Spielgruppe gehen machen auch andere Erfahrungen, sobald die Babys mobiler werden und Kontakt aufnehmen. Leider scheint das Streicheln, das Ei-Machen, das zärtlich sein nicht angeboren zu sein.
Die erste Kontaktaufnahme sieht eher folgendermaßen aus: Das Baby zieht dem anderen Kind an den Haaren, fasst ihm in die Augen, die so toll blinzeln, stützt sich auf das Kind ab, petzt ihm in den Bauch usw.
Das Baby muss lernen, wie streicheln und Ei-machen geht, es ist eher etwas grobmotorisch und unbeholfen.
Wichtig für Eltern: „Ich spreche immer das aus, was das Kind tun soll!“
Eltern sagen oft: „Du sollst doch nicht kratzen!“ Das Kind versteht aber unsere verneinende Sprechweise nicht. Deshalb ist es wichtig, dass Sie dem Kind immer sagen, was das Kind tun soll, z.B.:
„Mach Ei bei Tom!“ anstatt „Nicht Hauen!“
„Halte dich gut fest!“ anstatt „Achtung, du fällst gleich!“
„Geh auf dem Bürgersteig!“ anstatt „Lauf nicht auf der Straße!“
„Dreh dich um!“ anstatt “Achtung, die Coach ist zu hoch!“
Haben Sie dies als Eltern verinnerlicht, wird Ihnen eine solche Sprechweise die ganze Erziehungszeit zu Gute kommen.
Für das Baby, das sich nun fortbewegen kann, gibt es keinen Unterschied zwischen Spielzeug und Nicht-Spielzeug. Das Baby will diese, unsere Welt, entdecken. Und dazu gehört alles, was sich in seiner Reichweite befindet und zum Glück eine angelegte eigene Motivation und Neugierde.
Eltern kaufen Spielsachen und glauben, dass sich das Kind damit beschäftigt. Doch wie wunderbar sind gerade die Gegenstände, die seine Eltern ebenfalls benutzen. Fernbedienung, Handy und Telefon sind geradezu magische Anziehungspunkte. Das Kind möchte alles entdecken und je mehr gute Erfahrungen es macht, umso mehr lernt es.
Gefährliche Dinge werden nun weggeräumt. Krabbeln Sie durch Ihre Wohnung und schauen Sie, welche interessanten Dinge in dieser Augenhöhe vorhanden sind.
Als Eltern hat man schnell das Gefühl, dass man den ganzen Tag nur „Nein“ ruft. Deshalb lieber etwas mehr wegräumen und viele „Jas“ in der Wohnung schaffen, damit die Entdeckerfreude nicht getrübt wird.
Tipp: Ich habe in dieser Zeit immer bewusst eine Attraktion im Wohnzimmer oder in der Küche aufgebaut, die an dem Tag erobert werden konnte. Zum Beispiel einen Koffer mit interessanten Dingen darauf oder eine Wasserkiste, an der man herrlich drum herumlaufen und die schweren Flaschen herausziehen kann. Auch der Korb mit Altpapier oder ein Korb mit gewaschenem Obst werden schnell zum Highlight. Solche Gegenstände waren immer wieder magische Anziehungspunkte, die meine Kinder lange beschäftigt haben.
Das Baby muss das „Nein“ erst lernen.
Mit großer Freude beobachten Eltern Ihr Baby, wenn es z.B. das Drehen übt, das Sitzen oder Krabbeln. Wie oft müssen alle Bewegungsabläufe wiederholt werden, bis sie automatisiert sind und mit wie viel Geduld und Motivation verfolgt das Baby sein Ziel.
Jetzt bei dem ersten „Nein“ glauben viele Eltern, das Baby muss es doch verstehen und eine gewisse Ungeduld zeigt sich in ihrem Verhalten. Doch genauso oft wie das Kind motorische Entwicklungsschritte üben muss, wird es auch die vielen „Neins“ üben müssen.
Viele Babys brauchen erst einmal Zeit, um zu verstehen, dass Mama oder Papa jetzt sauer sind, nicht mehr lachen und etwas zornig reagieren. Der neue Gesichtsausdruck muss erst abgescannt werden, um ihn richtig einordnen zu können.
Aus Unsicherheit lächeln viele Babys die Eltern erst einmal an. Wenn Ihr Kind dies macht, dann können Sie sicher sein, dass es den Ernst der Lage noch nicht erkannt hat.
Durch das Lächeln versucht das Baby erst einmal die Liebe der Eltern, seine sichere Bindung zu sichern.
Aus der Sicht des Babys bedeutet dies: „Ihr schimpft mit mir, aber ihr habt mich doch noch lieb?“
Von Geburt an ist das Baby gewohnt, unser Gesicht abzuscannen. An der Stimmlage, der Tonhöhe, der Lautstärke, dem Gesichtsausdruck kann das Baby in Windeseile unsere Gemütslage analysieren. Bisher waren Sie fast immer freundlich, lächelnd Ihrem Kind zugewandt. Mit der ersten Erkundungstour ändert sich dies schlagartig. Dieses Verhalten muss das Kind erst einmal verstehen.
Ein Beispiel: Das Kind krabbelt zur Steckdose!
Wichtig ist jetzt: Sie sagen „Nein, das ist gefährlich!“, gehen zu Ihrem Kind und setzen es an einen anderen Ort im Raum.
Das „Nein“ sprechen Sie mit fester, klarer Stimme aus. Sie sind nicht freundlich oder lächeln sogar. Ihre ganze Körperhaltung drückt ein „Nein“ aus und Sie nehmen das Kind weg von dem interessanten Gegenstand.
Sie verbinden immer Ihre Sprache mit einer Handlung, damit Ihr Kind leichter verstehen lernt.
Sie brauchen zu der gefährlichen Steckdose keinen Roman erzählen, was nun alles passieren könnte.
Wichtig: Kinder bis zum Schulalter hören nur einen Satz lang zu. Sprechen Sie mehr als einen Satz, so wird sich Ihr Kind schon längst wieder seinen Spielsachen zugewandt haben und Sie ignorieren. Aber bitte denken Sie daran, dass dieser Satz keine 10 Kommas enthält.
Eine kurze prägnante Ansage mit der richtigen Körperhaltung und einer Handlung reichen aus.
Jetzt allerdings passiert Folgendes. Ihr Kind wird nun je nach Temperament jede Minute, täglich, wöchentlich oder sogar einen Monat lang überprüfen, ob das „Nein“ der Steckdose immer noch gilt.
Sie als Eltern werden denken, „Ich habe doch Nein gesagt, dann muss mein Kind doch hören!“
Aber dies ist leider ein Irrtum.
Ihr Kind hat nun das Recht zu überprüfen, ob das „Nein“ immer noch Gültigkeit hat.
Wie oft Ihr Kind dies wiederholt, hängt wirklich vom Temperament Ihres Kindes ab. Mit meinen Zwillingen habe ich ganz unterschiedliche Erfahrungen machen dürfen. Meine eine Tochter zuckte immer sofort zusammen, wenn ich „Nein“ sagte und lies von dem Gegenstand ab. Meine andere Tochter war überhaupt nicht von dem „Nein“ beeindruckt und fragte nach 3 Wochen noch täglich ob das „Nein“ heute noch gilt.
Ab dem Moment der Fortbewegung des Kindes sind diese ständig von „Neins“ umgeben.
Sie werden gar nicht merken, wann die Steckdose nicht mehr interessant ist, da immer neue „Neins“ hinzukommen.
Aber das Tolle ist, dass die neuen „Neins“ die alten „Neins“ ablösen, ohne dass es uns auffällt. Das Kind lernt durch die „Neins“ die Regeln und Grenzen in seiner häuslichen Umgebung kennen. Besuchen wir Oma und Opa, so gibt es dort ähnliche, aber auch neue „Neins“, die das Kind lernen wird. Das Umfeld des Kindes vergrößert sich, es lernt andere Aufenthaltsorte kennen und zwischen den Regeln zu differenzieren.
Es ist nämlich nicht wichtig, überall gleiche Regeln zu haben. Das Kind hat die Fähigkeit sehr schnell zu unterscheiden.
Regeln schaffen dem Kind Sicherheit im Umgang und ein sicheres Auftreten, damit es sich auf sein Spiel konzentrieren kann.
Noch im Alter zwischen 2 und 3 Jahren glauben Kinder, dass das Verbot an die Person gekoppelt ist. Verlassen Eltern den Raum, so verlassen auch die „Neins“ den Raum. Viele Kinder stürzen sich auf die Verbote sowie ihre Eltern aus ihrem Blick verschwinden. Dieses Verhalten machen sie nicht, um uns zu ärgern, sondern entspricht ihrem Verständnis von Regeln. Beobachten Sie aufmerksam, wann Ihr Kind ein anderes Verhalten zeigt. Seien Sie gespannt!
1 Sekunde Zeit zum Reagieren
Dies ist genau die Zeit, die Sie als Eltern haben, um auf ein Fehlverhalten Ihres Kindes zu reagieren. In dieser einen Sekunde bleibt Ihnen leider keine Zeit, um über sinnvolle Konsequenzen nachzudenken. Stellt das Kind etwas an, so schaut es entweder schon auf dem Weg zu seinem geliebten Objekt zu den Eltern, oder nach dem Erlebten. Viele Eltern würden sich eine App wünschen, die je nach Eingabe der Missetat die logische Konsequenz ausspucken würde. Doch leider, auch wenn es dies vielleicht einmal geben wird, ist die Zeit, die Sie zum Eingeben benötigen würden zu lang.
Kinder brauchen prompte Reaktionen ihrer Eltern.
Fällt Ihnen keine Konsequenz ein, was auch nicht immer sein muss, reicht ein „Nein“ oder das Nennen des Namens des Kindes und das Kind einfach wegzunehmen. Überlegen Sie länger als eine Sekunde, dann werden Sie als Eltern schnell beobachten, dass sich Ihr Kind wieder seinem Spiel zuwendet.
Spielende Kinder sitzen wie in einer Käseglocke. Sie können abschalten und Rufe oder Anweisungen ihrer Eltern nicht wahrnehmen.
Sprechen Sie nach ein paar Minuten die Konsequenz aus, versteht Ihr Kind gar nicht mehr, was Sie von ihm wollen. Dieser ungläubige Blick, Sie werden ihn alle kennen, ist nicht bösartig gemeint. Dieser Blick ist echt. Das Kind hatte sich seinem Spiel wieder zugewandt, da es ja keinen Anlass gab zu zuhören.
Sie müssen als Eltern überlegen, wie wichtig es Ihnen jetzt ist, das Fass wieder aufzumachen. Manchmal ist es auch gut zu schweigen und das Kind spielen zu lassen.
Wichtig ist, dass auch einfache Worte ausdrücken können, dass wir diese Tat nicht dulden. Kurze Worte sind: „Ich möchte das nicht. Komm da weg.“ Oder die stärkere Form der Verneinung: „Ich will nicht, dass du das noch einmal machst!“
Zwischen den Worten möchte, will oder bitte gibt es große Unterschiede. Nicht jeder Satz sollte mit dem höflichen Wort der „Bitte“ begleitet werden. Es gibt Situationen, in denen das Kind keine Wahl hat, weil Sie bestimmen und Ihr Kind sofort reagieren soll. In diesen Momenten ist eine klare Sprechweise von Vorteil und ein „Ich möchte“ oder „Ich will“ angebracht.
Viel Geduld und Gelassenheit!
Liebe Erika,
wir dürfen momentan täglich das Nein-Sagen an der Futterstation unserer Katze üben – diese übt nämlich eine MAGISCHE Anziehungskraft auf unseren 10-monate alten Anton aus… 🙂 Danke für Deine Tipps, sie haben mir mehr Sicherheit gegeben!