Babys schreien. Das ist ihre Art uns mitzuteilen, dass sie Hilfe und Unterstützung brauchen, dass sie hungrig sind oder müde, Bauchweh haben oder volle Windeln.
Das Baby war 9 Monate eng geschützt im dunklen Mutterleib, jetzt ist es geboren und viele Reize strömen auf das Baby ein.
Es ist nun Ihre Aufgabe, Ihrem Baby die gewohnte Geborgenheit zu geben, die es 9 Monate lang kennengelernt und erlebt hat: Ganz viel Nähe, Körperkontakt, enges, rundes Tragen, rhythmische Bewegungen und „Tsch-, Tsch-“Geräusche, die dem Blutfluss ähneln. Diese Zeichen sind Ihrem Baby bekannt und geben Ihm schnell wieder Sicherheit und Geborgenheit.
Trösten oder beruhigen?
Zwischen diesen Worten gibt es große Unterschiede.
Viele Eltern wollen ihr Kind beruhigen. Beruhigen beinhaltet das Wort „Ruhe“. Das ist etwas, was Sie als Eltern nicht immer leisten können. Gute Eltern sind nicht Eltern, die ihr Kind schnell beruhigen können. Gute Eltern sind Eltern, die ihr Baby auch in schwierigen Situationen gut begleiten. Machen Sie das Schreien Ihres Babys auf keinen Fall zum Barometer dafür, ob Sie Ihre Aufgabe als Eltern gerade gut oder schlecht erfüllen.
Wenn Sie als Eltern den Anspruch haben, Ihr Kind zu beruhigen, wollen Sie, dass Ihr Baby aufhört zu weinen und ruhig ist. Dies ist ein hoher Anspruch, der Sie als Eltern sehr schnell unter Stress und Druck setzt.
Lösen Sie sich von diesem Druck! Beginnen Sie mit dem Anspruch, Ihr Kind begleiten zu wollen.
Dafür ist es zunächst wichtig, dass Sie immer prompt und spontan reagieren, wenn Ihr Baby weint. Gehen Sie sofort zu ihm und legen Sie es wiegend in Ihren Arm und beginnen Sie, Ihr Baby zu trösten.
Was heißt das?
Eltern, die Ihr Baby trösten, erlauben ihrem Säugling zu weinen. Weinen ist die für den Säugling heftigste Form sich auszudrücken. Ihr Baby kommt nicht frei von Erfahrungen auf diese Welt.
Auch ein Baby hat eine Schwangerschaft und eine Geburt erlebt, von der wir nicht wissen, ob sie traumatisch für das Baby war. Sich in dieser Welt zurechtzufinden und diese Welt kennenzulernen, bedeutet auch sich schreiend mit ihr auseinanderzusetzen.
Wenn Ihr Ziel nun das Begleiten des Schreiens ist, erlauben Sie Ihrem Baby sich laut auszudrücken und das bedeutet für Sie, dass Sie einen großen Schritt weitergekommen sind.
Hören Sie Ihrem Baby einfach mal zu!
Machen Sie es sich in einem Sessel oder Schaukelstuhl bequem. Sorgen Sie für sich, indem Sie Getränke und etwas zu knabbern in Ihre Reichweite stellen oder was Sie sonst in der nächsten Zeit benötigen, vielleicht auch das Telefon.
Nehmen Sie Ihr schreiendes Baby auf den Arm, wiegen Sie es, singen Sie ihm Lieder vor oder machen Sie die Tsch-, Tsch-, Tsch-Geräusche.
Hören Sie Ihrem Baby zu. Dies können Sie auch für sich mit z.B. folgenden Worten begleiten: „Ich weiß im Moment nicht warum du weinst, aber ich höre dir zu und helfe dir. Egal wie lange es dauert, ich lasse dich nicht allein.“
Eine PEKiP-Gruppe hatte mir zum Abschied ein Buch geschenkt, in das jede Mutter den Satz geschrieben hatte, der sie als wichtigster Satz von mir begleitet hat. Eine Mutter schrieb: „Wenn dein Baby weint, musst du nicht herumlaufen, das Baby darf auch weinen, wenn du sitzt. Mache es dir so bequem wie möglich und höre ihm zu.“
Die Erlaubnis, nicht Stunden lang herumlaufen zu müssen, sondern es sich bequem zu machen, entspannt viele Eltern. Hinter dieser Erlaubnis steckt allerdings auch die veränderte Einstellung: „Mein Baby darf weinen und ich höre ihm zu.“
Das Schreien des Babys auszuhalten ist nicht einfach. Tests bei Müttern haben ergeben, dass das Schreien des Babys den Adrenalinspiegel der Mutter ähnlich in die Höhe schnellen lässt, wie dies bei der Flucht vor einem gefährlichen Tier der Fall wäre.
Babys, die am Anfang viel weinen, sind eine tägliche Herausforderung.
Nicht jeder Tag ist gleich und nicht jede Nacht ähnelt der anderen. Setzen Sie sich nicht zusätzlich unter Druck: Wir sind keine Maschinen, die immer mit der gleichen Gelassenheit reagieren. Der zunehmende Schlafmangel tut sein Übriges, sich immer kraftloser durch den Tag zu quälen.
Ganz wichtig: Nehmen Sie Hilfe an! Beide Partner müssen gerade in dieser schwierigen Zeit unterstützend und liebevoll miteinander umgehen. Vorwürfe, persönliche Kränkungen oder Eitelkeiten haben hier keinen Platz!
Vor allem jetzt sind ein ehrlicher Umgang miteinander und viele offene Gespräche besonders wichtig, um sich gegenseitig in der Beziehung zu stärken. Wer jetzt allein auf sich gestellt ist, muss sich von außen Unterstützung und Hilfe holen.
Ich biete Eltern von Schreikindern in meiner Praxis Hilfe und Unterstützung an. Aber auch viele andere Stellen haben sich auf betroffene Eltern eingestellt, um ihnen zu helfen. So z.B. die TherapeutInnen der Emotionellen Ersten Hilfe oder die „Frühen Hilfen“, die es in den Städten und Landkreisen gibt.