„Sprechen Sie lieber mit Ihrem Kind!“ Teil 1

„Sprechen Sie lieber mit Ihrem Kind!“ Teil 1

Ein Plakat mit der Aufschrift „Sprechen Sie lieber mit Ihrem Kind!“ hängt auch in meiner Praxis. Auf dem Plakat ist eine Mutter zu sehen, die auf ihr Handy schaut, während sie ihren Kinderwagen schiebt. Ich bin froh, dass diese Plakataktion des Jugend- und Sozialamtes Frankfurt in Kooperation mit dem Netzwerk Frühe Hilfen stadtweit Eltern auf dieses sensible und wichtige Thema aufmerksam macht.

Das Handy ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Es gehört zum täglichen Gebrauch dazu und ist unser ständiger Begleiter geworden.

Wichtig ist, dass aber gerade junge Eltern den Einsatz ihres Handys kritisch hinterfragen.

Hier im ersten Teil meines Berichtes, möchte ich auf die Handynutzung und den dadurch verminderten Blickkontakt zum Kind aufmerksam machen.

In den ersten zwei Lebensjahren ist unser Baby und Kleinkind auf intensive Bindung angewiesen.

Doch wie vollzieht sich Bindung?

Bindung braucht Zeit, sie entwickelt sich nicht nur durch Körperkontakt, sondern auch durch Blickkontakt und muss immer wieder überprüft und gefestigt werden. Sie gibt dem Baby das Gefühl von absoluter Sicherheit, die gerade für die ersten zwei Lebensjahre extrem wichtig ist.

Bindung läuft über Blickkontakt. Das Baby schaut die Mutter oder den Vater an und diese erwidern seinen Blick mit einem Lächeln. So weiß das Baby, alles ist in Ordnung, Mama lächelt mich an und ich darf mich weiter mit der Rassel beschäftigen.

Dieser Blickkontakt ist überlebenswichtig. Eltern sind Spiegel ihres Kindes.

Wie soll ein Baby lernen, was gut und was falsch ist, wenn es nicht das Gesicht der Eltern oder einer anderen Bezugsperson sieht, die über ihre Mimik dem Baby mitteilt, dass alles in Ordnung ist?

Ohne diesen ermutigenden Blick der Eltern kann das Baby nicht zuversichtlich und selbstbewusst seine Welt erkunden. Eltern müssen unbedingt verlässlich sein. Das Baby muss sich auf seine Bezugsperson verlassen können, d.h. geht es mir schlecht und ich weine, kommen meine Eltern und trösten mich. Habe ich Hunger, kommen meine Eltern und geben mir Nahrung. Verletze ich mich, werde ich getröstet. Sehe ich einen großen Hund auf mich zulaufen, bekomme ich Angst und brauche den ermutigenden Blick meiner Eltern, dass alles in Ordnung ist.

In meiner PEKiP-Gruppe beobachten wir für fünf Minuten ein Baby in seiner Aktion. Immer wieder fällt auf, wie oft das Baby in dieser Zeit nicht nur seine Mutter ansieht, sondern auch den Blick der anderen Mütter sucht. Dieser Blick sichert das Überleben des Kindes. Ich hole mir über das Lächeln des anderen Menschen meine Bestätigung, dass mein Spiel so in Ordnung ist. Der Blick bedeutet Bindung, bedeutet Sicherheit im Spiel.

Das Baby wird getrieben von seiner Neugierde, die wie ein innerer Motor wirkt, der nicht stillsteht. Immer wieder entdeckt es spannende Gegenstände, die erkundet werden wollen. Dabei bewegt es sich manchmal weit weg von der Mutter oder dem Vater, die sein absolut sicherer Hafen sind. Erschrocken suchen und blicken die Babys dann zu ihren Eltern. Hier ist der sofortige Blickkontakt überlebenswichtig. Wird das Baby jetzt von seinen Eltern ermutigend angelächelt, weiß es, dass die Entfernung in Ordnung ist und seine Eltern beobachtend an seiner Seite stehen.

Diese vielen Situationen, die ich geschildert habe, sichern das Überleben des Kindes. Der intensive Blickkontakt und das Spiegeln des Kindes sind für die Entwicklung des Kindes bis zum zweiten Lebensjahr von absoluter Priorität.

Jetzt lassen Sie uns wieder zu dem Plakat zurückkehren und auf die Mutter blicken, die selbst abgelenkt durch ihr Handy, ihr Baby nicht ansieht und damit seinen Blick nicht spiegeln kann.

Wie oft schauen Sie auf ihr Handy und nicht zu Ihrem Kind?

Wie oft können Sie den Blick Ihres Babys erwidern und spiegeln?

Stellen Sie eigene Regeln auf, z.B.:

  • Nur wenn mein Baby/Kleinkind schläft, schaue ich auf mein Handy und beantworte alle Nachrichten.
  • Längere Telefongespräche verschiebe ich auf den Abend und erledige nur die wichtigsten bei Wachheit meines Kindes.
  • Das Handy liegt nie in Reichweite des Kindes, sondern immer oben auf dem Tisch oder Schrank.
  • Ich stelle mein Handy lautlos, damit ich Zeit für mein Kind habe und nicht abgelenkt werde.

Die ersten zwei Lebensjahre sind entscheidend, wie sicher sich ein Mensch entwickeln kann, wie selbstbewusst und voll Selbstvertrauen er in seine Zukunft blickt.

Ermöglichen Sie Ihrem Kind einen guten Start!