Hauen, kratzen, beißen, schubsen – Zum Umgang mit kleinen Monstern!

Hauen, kratzen, beißen, schubsen – Zum Umgang mit kleinen Monstern!

Im ersten Lebensjahr können sich Eltern kaum vorstellen, dass Ihr Kind einen eigenen Willen entwickeln wird und diesen schon bald beginnt, fordernd und ganzkörperlich umzusetzen.

Zu hauen, zu kratzen, zu beißen und zu schupsen gehört zur normalen Entwicklung eines Kleinkindes zwischen dem ersten und dem dritten Lebensjahr dazu.

Und das hat seinen guten Grund: Denn genau dieses Alter entspricht der Zeit, in dem sich das Kind noch nicht verbal ausdrücken kann, obwohl seine Fähigkeiten bereits rasant zunehmen. Worte sprechen können oder über Sprache seinen Willen kundtun, Absprachen treffen und „Nein“ sagen sind Verhaltensweisen, die ihm hier noch nicht zur Verfügung stehen.

Das Kind muss seiner Sprache mächtig sein, um sich auch verbal mit seiner Umwelt auseinander zusetzen.

Eigenartig ist, dass uns Menschen gerade dieses grobe Verhalten angeboren ist und wir unserem Kind beibringen müssen, wie Streicheln funktioniert. Doch es ist wichtig, sich dabei klar zu machen: Das Kind in diesem Alter verhält sich nicht so, um andere willentlich zu schaden. Dies wird leider viel zu oft von Eltern benannt und ihrem Kind vorgeworfen.

Das Kind drückt über sein wütendes Verhalten aus, dass es mit der aktuellen Situation überfordert ist und unsere Hilfe benötigt. Um ihm diese Hilfe zu geben, konzentrieren Sie sich immer darauf, das zu benennen, was Ihr Kind tun soll. Nur so helfen Sie ihm, bessere Bewältigungsstrategien zu lernen.

Ein Beispiel: Sie sind mit Ihrem Kind in einem Spielkreis. Ihr Kind sieht das tolle Auto, das sein Freund in der Hand hält. Natürlich macht der Gegenstand in der Hand des Anderen immer neugieriger, als das Spielzeug, das leblos vor einem selbst auf dem Boden steht. Doch das Kind kann noch nicht nachfragen, ob es das Auto auch einmal haben darf. Also geht es zum Kind hin und nimmt ihm das Auto ab. Vielleicht schubst Ihr Kind auch das andere Kind, um das tolle Auto zu bekommen.

Jetzt folgt die Reaktion der Eltern, meist beginnend mit einer „Warum“-Frage und endend mit der Forderung, sich zu entschuldigen: „Warum hast du denn den Torben geschubst? Immer schubst du und du sollst doch nicht schubsen. Schau, jetzt weint er. Mach ‚ei‘ bei ihm und entschuldige dich!“

Vielleicht kennen Sie diesen Satz und diese Situation aus eigener Erfahrung.

Stellen Sie Ihrem Kind jedoch dann die Warum-Frage, so gehen Sie überhaupt nicht auf seine Situation ein. Entsprechend erhält Ihr Kind auch gar keine Orientierung, wie es eigentlich hätte reagieren dürfen.

Auf Warum-Fragen kann ein Kind unter sechs Jahren nicht antworten. Das Kind reagiert und handelt immer spontan. In seinem Kopf finden keine taktischen Überlegungen statt, wie es nun an das tolle Auto gelangen kann. Es fragt sich auch nicht, ob es das Auto überhaupt haben darf. Es hat ein Bedürfnis, das Auto zu besitzen, und handelt danach. Die Warum-Fragen der Eltern setzen voraus, dass das Kind seine Tat wohl überlegt hat und vorausschauend planen kann. Die nötige Reife, die es benötigt, um vorausschauend, zurückblickend und logisch denken zu können, hat das Kind jedoch noch nicht. Diesen Reifeschritt erlangt das Kind erst mit der Schulreife, also um das sechste Lebensjahr.

Folgende Antwort wäre besser gewesen, damit das Kind aus seinem Verhalten lernen kann: „Ich sehe Tim, du willst auch mit dem tollen Auto von Torben spielen. Jetzt trösten wir erst einmal den Torben, weil du ihn geschubst hast. Und dann geben wir ihm jetzt das Auto zurück und wenn du sein tolles Auto haben möchtest, musst du ihn fragen: ‚Darf ich damit spielen?'“

Die Situation wird durch diese Worte gespiegelt: Sein Anliegen, das tolle Auto ebenfalls zu besitzen, wird ernstgenommen, Torben wird getröstet und Tim bekommt Hilfe, wie er die Situation das nächste Mal lösen kann.

Das heißt natürlich nicht, dass Ihr Kind in der nächsten Situation sogleich richtig handelt. Kinder lernen durch Wiederholung und dies betrifft auch Situationen zu, die körperlich gelöst werden. Der Weg, um mit der richtigen Sprache Handlungen abzusprechen, ist lang und es lohnt sich, dies immer wieder mit dem Kind zu üben.

Ich kann mich noch gut an den Start in die Kindertagesstätte meiner Jüngsten erinnern. Im Vorfeld habe ich immer wieder mit ihr geübt, was sie sagen soll, wenn ein Kind sie ärgert oder verletzt. Sie hat sich hingestellt und laut den Satz: „NEIN, lass mich in Ruhe!“ geübt oder die Worte „Ich will das nicht!“.

Später habe ich von einer Freundin von ihr erfahren, dass viele Kinder Angst vor meiner Tochter hatten, da sie immer lauthals ihre Meinung gerufen hatte.

Doch dann gibt es ja auch noch die kleinen Beißmonster!

Haben Sie solch ein Exemplar zu Hause, dann werden Sie im Spielkreis oder in der Kita sicher schon stadtbekannt sein.

Manchmal traut man sich als Eltern gar nicht mehr in den Spielkreis, wenn das eigene Kind sofort beißt. Auch das Abholen des Kindes aus der Kita findet mit großer Sorge statt, da die Eltern oft mit neuen Beißopfern konfrontiert werden.

Dies ist für alle Seiten sehr unangenehm und anstrengend.

Es gibt Kinder, die schubsen und andere, die lieber beißen.

Kinder, die beißen, haben nicht mehr Aggressionspotenzial als die anderen, die schubsen oder kratzen. Viele Eltern verstehen die Welt nicht mehr, und äußern häufig, das sie solches Verhalten ihrem Kind doch gar nicht beigebracht haben. Doch so einfach ist Entwicklung, Reifung und Erziehung auch nicht. Eltern von beißenden Kindern haben bisher nichts falsch gemacht, das ist ganz wichtig.

Auch hier ist es wichtig, dem Kind beizubringen, was es in dieser Situation tun kann. Oft ist auch das Beißen ein Ausdruck von Überforderung und ein Zeichen von Wut, die ganz plötzlich durch den kleinen Körper fährt und sich über das Beißen entlädt.

Lenken Sie das Beißen in geregelte Bahnen. Erlauben Sie das Beißen und verbieten Sie es nicht.

Teilen Sie Ihrem Kind ganz bestimmend mit, dass es andere Personen nicht beißen darf, aber z.B. hier in den Knoten seines Halstuches oder in einen Spielknochen oder ähnliches beißen darf.

Kinder, die beißen, haben einen enormen Druck im Kiefer. Dieser Druck muss gelenkt werden. Fordern Sie Ihr Kind mehrmals täglich zum Beißen in Gegenstände auf, damit dieser Druck entweichen kann.

Im Säuglingsalter bieten wir den zahnenden Babys sehr oft Beißgegenstände an. Nach dem ersten Lebensjahr bekommen die Kinder jedoch immer noch Zähne, und die wuchtigen Backenzähne brauchen ebenso Druck zum Durchbrechen. Viele Kinder bekommen in der Beißphase gerade ihre Backenzähne und sind auf der Suche nach festen Dingen.

Bleiben Sie geduldig. Beobachten Sie Ihr Kind im Spiel: Vielleicht erkennen Sie ein Muster und können Ihr Kind rechtzeitig aus einer Situation herausnehmen, um ihm eine Auszeit zu gönnen.

Kuscheln Sie mit Ihrem Kind! Kinder, die körperlich reagieren, dürfen nicht mit Liebesentzug gestraft werden. Sorgen Sie für viele schöne Momente, wenn Sie an einem Tag mal wieder oft geschimpft haben.

Erinnern Sie sich immer daran: Kein Kleinkind zeigt ein aggressives Verhalten, um uns zu ärgern. Es ist immer ein Zeichen von Hilfsbedürftigkeit, die wir lenken müssen.