Perfekte Eltern gibt es nicht!

Perfekte Eltern gibt es nicht!

Dieser Beitrag beginnt mit einer Einsicht: Leider müssen alle Eltern anerkennen, dass wir nicht perfekt erziehen können.

Gerade die ersten sechs Jahre unseres Lebens sind sehr entscheidend, da sich in dieser Zeit unsere Denkmuster, die neuronalen Verschaltungen und Vernetzungen bilden, die sich tief in unsere Gehirnstruktur einprägen und später unser Denken, Fühlen und Handeln bestimmen, also unser Leben. Gerade diese Denkmuster sind immer mit einem Gefühl verkoppelt. Wir können uns alle an sehr wenige Situationen in unserer Kindheit erinnern, aber wir fühlen über alle Sinnesorgane in Situationen hinein.

Im späteren Leben treffen wir zu 90% Entscheidungen über diese Denkmuster, die sich tief eingeprägt haben und die als unbewusste Handlungen vollzogen werden. Oft merken wir dann, dass wir als Erwachsener so nicht mehr denken und fühlen wollen, wie wir es als Kind gelernt haben. Jetzt haben wir die Chance, uns umzuprogrammieren.

Ein Kind ist in den ersten Lebensjahren absolut abhängig von seinen Eltern bzw. einer festen Bindungsperson. In diesen ersten Lebensjahren entwickelt sich das Selbstwertgefühl. Besonders die ersten zwei Lebensjahre benötigen permanente Spiegelung des kindlichen Handelns und Fühlens. Das Kind entwickelt in den ersten zwei Lebensjahren sein Urvertrauen, das tief über die Gefühle in uns geprägt wird. Nicht nur die permanente Spiegelung, sondern auch die liebevolle Pflege, Fürsorge, Streicheln und Zuwendung sichern dieses Vertrauen. Dieses Vertrauen ist wichtig, um vertrauen in sich und später zu anderen Menschen aufzubauen.

Zwischen dem 16. Lebensmonat und dem zweiten Lebensjahr entdeckt das Kind, dass es ein eigenständiges Wesen ist. Jetzt will es wirksam seine Welt erkunden. Gerade in dieser Phase muss es viele „Nein`s“ lernen, die seinen Drang nach Selbstständigkeit und Eigenständigkeit einschränken.

Ein Kind erfährt durch die „Nein´s“, dass es nicht gut ist und etwas falsch macht. Wichtig ist, dass die „Ja`s“ und das Gefühl, dass seine Eltern ihm vertrauen und es vertrauen in andere Menschen haben darf, immer wieder die Kindheit prägen. Deshalb ist es so wichtig viel Freude und Spaß mit seinem Kind zu haben, viele schöne und glückliche Momente zu genießen und ihm zu zeigen, dass es wertvoll ist.

Für Kinder sind die eigenen Eltern die größten und tollsten Menschen, die alles richtig machen. Wird das Kind angebrüllt, kann es nicht reflektieren, dass seine Mutter heute gereizt ist, weil sie Stress bei der Arbeit hatte. Es bezieht das Anbrüllen, den Streit der Eltern immer wieder auf sich und glaubt, dass es selbst schuld an dieser Situation ist.

Hier ist es ganz wichtig, dass Eltern nach dem Brüllen, die Situation mit dem Kind klären, sich entschuldigen und benennen, warum sie heute so sauer waren. Auch nach einem elterlichen Streit, muss den Kindern mitgeteilt werden, dass dieser nichts mit ihnen zu tun hat, sondern einen anderen Grund hatte. Auch wenn Eltern streiten und die Kinder schon schlafen, sollten sich Eltern im Anschluss vergewissern, dass ihr Kind nicht aufgewacht ist.

Jedes Kind strebt nach Autonomie. Im Moment kann ich es an meinem Enkel (19 Monate) beobachten, der jede Handlung eigenständig ausführen möchte. Das Wort „allein“ wird zum Lieblingswort der Kinder und Eltern wissen, dass sie jetzt ganz viel Zeit benötigen. Wie stolz sind die Kinder über jeden eigenständigen Schritt und wie sehr führt diese Selbständigkeit zu Sicherheit, weil sie immer mehr Kontrolle über sich und über ihr Leben erlangen.

Rituale sind sehr wichtig für Kinder, da sie über die Rituale Sicherheit und Eigenständigkeit erfahren. Eltern, die ihr Kind zu sehr einschränken, alle Hindernisse aus dem Weg räumen wollen, behindern ihr Kind in der Entwicklung nach Autonomie genauso wie Eltern, die alles kontrollieren und überbehütend ihr Kind erdrücken.

Ich weiß, wie schwierig diese Balance ist. Ich weiß aber auch, wie wichtig es für die Entwicklung des Kindes ist, Eltern zu haben, die sich reflektieren, lernen und bereit sind neue eigene Denkmuster zuzulassen.

Viele Eltern kennen den Satz ihres Kindes, „Ich habe keine Lust zum Aufräumen“. Meine Antwort lautet daraufhin, dass Sie Ihrem Kind sagen sollen, dass es dann heute sein Zimmer leider ohne Lust aufräumen muss. Auch hier sind wir Eltern Vorbild und auch für uns ist es eine tägliche Disziplin und Herausforderung, nicht nur unsere Lust zu befriedigen, sondern auch den vielen Reizen mit Disziplin zu begegnen.

Kinder benötigen die Hilfe ihrer Eltern, um Frustrationstoleranz zu lernen. Je jünger das Kind ist, umso mehr wird der Frust ganzkörperlich mit allen Gefühlen ausgedrückt. Eltern haben hier die Aufgabe, ihr Kind zu begleiten und es nicht noch für seine Gefühle zu bestrafen. Ich weiß, dass jetzt wieder viel Geduld verlangt wird, aber den Umgang mit Lust und Unlust zu lernen, ist ein wichtiger Meilenstein für die Entwicklung.

Jeder Mensch und somit jedes Kind möchte Anerkennung. Es möchte gesehen werden und diese Anerkennung ist stark mit der Bindung an Bezugspersonen verknüpft. Je kleiner das Kind ist, umso mehr muss es gesehen und gespiegelt werden. Je mehr es Selbstwertgefühl tankt, umso mehr Spielphasen gibt es, in denen sich das Kind eigenständig zurückzieht.

Gerade die „Eltern-Tank-Phasen“, wie ich eine extreme Bindungszeit nenne, kann eine anstrengende Zeit mit dem Kind sein, da es permanent Aufmerksamkeit und Anerkennung benötigt. Allerdings zeigt uns diese Phase nur, dass das Kind im Moment sein Selbstwertgefühl auftankt, um im Anschluss mehr Selbständigkeit zu erfahren.

Um Anerkennung zu bekommen, benötige ich ein Außenfeld, das mich sieht, wertschätzt und für wertvoll hält.

Liebe Eltern, ein Kind denkt, fühlt und handelt anders als wir Erwachsenen. Gehirnstrukturen verändern sich und setzen auch das Kind täglich vor neue Herausforderungen. Kinder nehmen Situationen anders wahr als wir Erwachsenen.

Liebe und Bindung sind der Schlüssel für ein späteres glückliches Leben in Urvertrauen. Setzen Sie Grenzen und leben Sie mit Ritualen und fühlen Sie sich gestärkt, dass Sie Fehler machen dürfen, da die Bindung und Anerkennung und der respektvolle Umgang die Basis unserer Liebe zum Kind sind.